Nun habe ich den 13. Dezember für meinen Beitrag zum Blogoszesen-Adventskalender genommen, weil unsere Enkel in Schweden das Luciafest feiern indem sie sich als Lucia, ihre kerzentragenden Begleiterinnen oder Wichtel verkleiden und mit Sternjungen zusammen herumziehen und das Sancta Lucia-Lied singen. Und jetzt lese ich bei Kathpedia, daß das schwedische Lucia-Fest mit der Heiligen gar nichts zu tun habe, da es erst seit 200 Jahren in in Schweden ein besonderer Feiertag sei.
„Der heutige Brauch entstand erst lange nach der Reformation; der Luciatag wurde so erstmals 1893 durch das Freilichtmuseum Skansen in Stockholm begangen, für 1927 ist in Schweden der erste Luciaumzug nachgewiesen.“
Da schaue ich doch noch einmal genauer hin, denn das mag historisch so sein, das folgende Video (und viele weitere) erzählen allerdings eine andere Geschichte. Das Fest wird immer mit dem Lied „Sancta Lucia“ gefeiert - im ganzen Land von Kindergarten über Schule bis zum offiziellen Staatsfest landesweit, und natürlich auch in den Kirchen, und die heilige Lucia trägt ein weißes Gewand mit einer roten Schärpe, also das Gewand eines Märtyrers.
Und hier etwas aus der Geschichte der Heiligen Lucia:
Lucia ist als Person nachgewiesen, sie ist um 286 in Syrakus/Siracusa, auf Sizilien geboren und hat um 303 dort den Märtyrertod erlitten. Siracusa war ein Zentrum frühchristlichen Glaubens.
„Den Legenden gemäß soll die Christin Lucia einer vornehmen Familie angehört haben; ihr Name bedeutet soviel wie die Lichtvolle, die Lichtträgerin oder die Leuchtende. Mit ihrer an Blutfluss erkrankten Mutter pilgerte sie von Syrakus zum Grab der hl. Märtyrerin Agatha nach Catania, und die Mutter wurde tatsächlich geheilt. Lucia bekam daraufhin von ihrer Mutter die Erlaubnis, ihr als Aussteuer zugesagtes Vermögen zu verkaufen, um den Erlös unter den Armen zu verteilen. Der darüber erboste heidnische Verlobte Lucias lieferte seine Braut den Christenverfolgern aus.“ http://www.kathpedia.com/index.php?title=Lucia_von_Syrakus
„Berichtet wird auch, dass Lucia ihren Glaubensgenossen Lebensmittel in die Verstecke brachte. Damit sie beide Hände frei hatte zum Tragen der Speisen, setzte sie sich einen Lichterkranz aufs Haupt, um in der Dunkelheit den Weg zu finden.“ https://www.heiligenlexikon.de/BiographienL/Lucia.htm
Sowohl im Heiligenlexikon als auch bei kathpedia kann man mehr erfahren.
Ich fasse kurz zusammen: Lucia wurde von Papst Gregor I. dem Großen, 590–604, in den römischen Messkanon als heilige Märtyrerin aufgenommen. Es gibt 2 Versionen davon wo ihre Reliquien sind.
Ihre Verehrung hat weite Verbreitung gefunden und sie ist „Schutzpatronin der Bauern, Glaser, Kutscher, Messerschmiede, Näherinnen, Notare, Pedelle, der reuigen Prostituierten, der Sattler, Schneider und der Weber. Sie wird von den Gläubigen nicht nur bei Augenkrankheiten und Blindheit angerufen, sondern auch bei Blutfluss, Halsweh, Infektionen und Ruhr; auch Mütter von kranken Kindern suchen bei ihr Hilfe.“
Diese Fülle an Aufgaben und sozusagen „Tätigkeitsbereichen“ ist für frühe christliche Heilige typisch. Ebenso wie ein reiches Brauchtum.
Ich zitiere wiederum kathpedia zum Verständnis der Verehrung von Lucia und der Vermischung auch mit vorchristlichem Brauchtum:
“Volkskultur rankt sich nur scheinbar um die hl. Lucia. Zum Verständnis ist eine Vorbemerkung zum Aspekt „Licht“ notwendig: Gott sprach am ersten Schöpfungstag: Es werde Licht. Und es wurde Licht (Gen 1,3). Er sah, dass das Licht gut war und schied das Licht von der Finsternis. Licht ist für die Bibel mehr als der für das menschliche Auge sichtbare Bereich eines Spektrums elektromagnetischer Strahlung, mehr als eine physikalische Realität. Im Neuen Testament ist Christus das „wahre Licht“ (Joh 1,9), und die Gläubigen sind „Kinder des Lichts“ (Eph 5,8). Auch in der Liturgie spielt Licht eine Rolle, z.B., wenn während der Osternachtfeier die Osterkerze mit gesegnetem Feuer angezündet wird. Im Volksglauben wehrt das Licht Unheil ab. So verwendete man geweihte, schwarze Wetterkerzen, um Sturm und Gewitter fernzuhalten. Das gesamte Lucienbrauchtum hat seine Wurzeln im Datum. Bis zur Gregorianischen Kalenderreform (1582) war der 13. Dezember Mittwintertag, also der kürzeste Tag, mit dem wenigsten Tageslicht, im Jahr. Brauchtum, das sich als Lucienbrauchtum ausgibt … bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Hochreligion und Volksglauben.“
Die Beziehung zum Volksglauben zeigt sich auch darin, daß Lucia bei den Kindern in Schweden oft auch von Tomtes begleitet wird. Der Tomte ist ein Wichtel. Diese Mischung aus Heiligenleben, Heiligenlegenden und Volksbräuchen findet sich bei vielen frühen Heiligen, einige sehr populäre Heilige wie z.B. den Heiligen Christophorus hat man aus den offiziellen Heiligenlisten gestrichen, weil man sozusagen den Baum vor lauter Wald nicht mehr gesehen hat. Die Heiligen verschwanden hinter einer reichen Legendenbildung. Ich halte es dennoch nicht für legitim sie aus den Heiligenlisten zu entfernen, sondern denke, es handelt sich eher um ein Beispiel modernistischer und etwas hochmütiger Besserwisserei, die letztlich oft dabei endet, daß man sogar die Wunder, die Jesus getan hat, anzweifelt, weil nicht sein kann was man nicht akzeptieren will. Und für die, die nicht verstehen warum Heilige verehrt werden: Nein, man betet nicht zu den Heiligen, sondern man schließt daraus, daß sie Heilige sind, daß sie näher bei Gott sind als wir normalen Sterblichen, und damit Gott auch für uns bitten können, obwohl jeder von uns ja auch heilig werden kann.
Solche Feste wie das Luciafest treffen immer ein wichtiges Bedürfnis der Menschen: Angefangen von dem Bedürfnis nach materiellem Licht. Meine Tochter erzählt mir, daß sie es anfangs komisch fand, daß die Schweden, sobald die Sonne im Frühling endlich scheint, mit geschlossenen Augen mitten auf der Straße stehen und ihr Gesicht in die Sonne halten - heute macht sie das selbst.
Wäre es nicht schön wenn wir, so selbstverständlich und entspannt wie die Schweden ihr Gesicht in die Sonne halten, uns der Liebe des ewigen Lichtes hinhalten könnten?