Montag, 24. September 2012

Völlig andere Moral


Am Samstag hab ich mich seit langem mal wieder durchs Fernsehprogramm gezappt und bin bei der "Försternacht" im BR hängen geblieben. Beeindruckt hat mich der Film "Die Försterbuben" und zwar vor allem deshalb weil aus jedem Fitzelchen dieses Films eine völlig andere Moral heraustrat als unsere heutige. Es gab Klischees - aber die haben wir auch heute.

Ich erzähl ein bißchen davon:

Der Film beginnt mit einer Busfahrt in einem 50er-Jahre Bus. Ein Mädchen setzt sich neben einen jungen Mann, entblößt kokett ihre Schultern indem sie die Bluse etwas herunterzieht und bietet dem neben ihr sitzenden jungen Mann eine Zigarette an, er lehnt dankend ab, sein Mantel öffnet sich etwas, ein Priesterkragen wird sichtbar und sie unterläßt das Kokettieren. Sie treffen sich dann per Zufall auf einer Bank auf der Alm.

- Heutzutage würde eine solche Szene auf jeden Fall einen Priester zeigen der sich mindestens in Versuchung führen läßt und letztendlich der Schönen verfällt, da aber nicht -

Ebenso redet der angehende Priester, einer der Försterbuben, zwar mit der Verlobten des Bruders daß sie sich als Kinder gern hatten, das wars dann aber auch, denn es ist ganz klar, daß das keine Option mehr ist, weder von ihrer Seite, da sie seinen Bruder liebt obwohl er sie nicht gut behandelt noch von seiner Seite. Stattdessen wird bei einem Gespräch des Priesterbruders mit seinem Vater deutlich daß er 3 Wochen zu früh nach Hause gekommen ist weil ihn Glaubenszweifel plagen. Die ganze Theologie in der Stadt ist ihm zu verkopft und er kann seinen Herrgott gar nicht mehr spüren.

- Kann mich nicht erinnern in dieser Einfachheit mal so etwas im Film gesehen zu haben, da geht's entweder bei Glaubenszweifeln hochdramatisch (und schwer unglaubwürdig) zu oder eben als Kampf mit der Versuchung zum Sex -

Der andere Försterbub fällt dadurch auf, daß er das Dorffest durch eine Prügelei aufmischt, seiner Verlobten ständig die Hochzeit verschiebt, nie genug Geld hat und dauernd mit seinen Motorradkumpeln unterwegs ist um sich zu besaufen anstatt wie vereinbart bei der Prozession die Fahne zu tragen.

- Heute würde allein das als ein Akt der tapferen Befreiung vom bäuerlich-katholischen familiären Mief gefeiert werden -

Dafür fährt er mit seinen Freunden zum Köhler in den Wald, der neben seiner Köhlerei auch noch Schwarzbrenner ist und wildert.

- Hier würde heute jedenfalls die Räuberromantik a la Robin Hood zuschlagen, da wird aber nur klar, daß die Männer den Köhler ausnutzen wie auch der geschäftstüchtige Köhler die Männer, und daß es sich bei aller wilden Tanzerei und Gesang nur um ein paar Kerle handelt, die sich zusaufen und um ein Mädchen, das sich gerne den angesehensten Kerlen an den Hals wirft -

denn die Tochter des Köhlers ist die Kokette aus dem Bus, die gerade aus der Stadt zurückgekehrt ist wo sie ihre Stelle in einem Haushalt verloren hat weil sie den Sohn der Familie angebaggert hat. Nach der Sauferei bleibt der Bruder des Priesters noch weil er sich mit der Köhlerstochter im Wald verabredet hat, einer seiner Freunde nimmt stockbesoffen sein Motorrad und baut einen tödlichen Unfall. Der Försterbub besinnt sich nach dem Motorradunfall seines Freundes, legt endlich den Tag der Hochzeit mit seiner Langzeitbraut fest und geht ganz brav auf die Jagd in der Profession seines Vaters weil er erkannt hat daß er ohne seine Braut und wenn er so weiter macht vor die Hunde geht.

- Bis dahin habe ich, wie es heute selbstverständlich ist, immer noch erwartet, daß einer der Försterbuben die ach so romantische Köhlertochter heiratet, denn eine brave Liebste, die ihren Zukünftigen seit ihrer Kindheit kennt und liebt wäre doch heute viel zu spießig für ein Happyend -

Die Köhlerstochter bekommt Besuch von ihrem Freund aus der Stadt, der mit ihr nach Italien fahren will. Sie packt ihren Koffer, lügt ihrem Vater, der mittlerweile weiß warum sie entlassen wurde, vor sie habe eine neue Stelle in der Stadt in einer Fabrik und rennt um ihren Freund wie vereinbart zu treffen. Es wird deutlich  daß der Freund mit ihr eine schöne Zeit verbringen will, von Heirat ist nicht die Rede, und es ist klar, daß sie nicht treu ist. Die Köhlerstochter wartet und wartet auf ihren Freund und kehrt schließlich weinend zu ihrem Vater zurück da ihr Freund nicht auftaucht. Der wurde ermordet und vieles weist auf den unzuverlässigen Försterbuben hin, der von seiner Hochzeitsfeier weg von der Polizei einkassiert wird und sein Priesterbruder gleich mit weil er ihn schützen will indem er behauptet er selbst habe den Mann ermordet.

Der Vater der beiden ist darüber so verzweifelt daß er sich umbringen will, zunächst von seinem besten Freund davon abgehalten wird dann aber mit dem Gewehr unauffindbar in den Wald geht. Dort begegnet er schließlich dem Köhler der gerade in seiner Schwarzbrennerei ist, fordert ihn auf sich zu ergeben, beide schießen, der Förstervater fällt um und der Köhler stellt fest, daß er knapp unter dem Herzen getroffen wurde. Er rennt den Berg hinunter bis er auf Leute trifft, denen er noch erzählen kann daß er den Stadtfreund seiner Tochter ermordet hat weil sie mit ihm gehen wollte. Er stirbt.

- Wäre doch heute eine schöne Szene für den Heldentod eines Vaters, der versucht seine Tochter vor den bösen Kapitalisten und Ausbeutern zu retten, (wahlweise wäre der Vater ein muslimischer Fundamentalist gewesen, der seine Tochter statt des Stadtfreundes umgebracht hätte) Ansonsten wäre heute ein Vater, der die Ehre seiner Tochter retten will indem er ihren Liebhaber umbringt nicht denkbar im Film. Hier wird zwar der Schmerz des Köhlervaters berücksichtigt aber er hat eben dennoch einen Mord begangen und keine Heldentat -

Die Försterbuben werden von der Polizei entlassen und kehren nach Hause zurück wo die Familie überzeugt ist daß sich der Vater umgebracht hat. Verzweifelt rennt der Priesterbruder nach draußen wo ihn eine völlig derangierte und ungeschminkte Köhlerstochter trifft um ihm zu sagen daß der Förstervater nur verwundet wurde und nicht laufen kann, aber lebt. Der Priesterbruder rennt ins Haus um seine Familie zu informieren und will sich dann bei der Köhlerstochter bedanken, die sich aber versteckt und wegrennt auf Nimmerwiedersehen.

Der Film endet mit der frohen Hochzeitsgesellschaft des Försterbuben und sein Bruder geht zurück ins Seminar und wird sein Studium beenden und Priester werden.

- Ja, die Köhlertochter tat mir leid, aber wieso ist heute eigentlich nur noch Promiskuität, Treulosigkeit, Saufkumpanei und Kriminalität interessant genug um verfilmt zu werden, die Försterbuben haben sich entschieden ein anständiges Leben zu führen, zu heiraten und Kinder zu bekommen bzw. als Priester den Menschen zu dienen. Wie soll eigentlich eine Gesellschaft funktionieren ohne solche ehrlichen Leute? Heute hätte man sich dem Schicksal der Köhlertochter breit gewidmet und sich um die anderen nicht geschert, weil Promiskuität so cool, die Arbeiterklasse so unterdrückt und Katholiken natürlich bigott sind -

Ach ja, und nicht zu vergessen: Es gab weit und breit keinen einzigen Quotenschwulen, keine Knutsch- und keine Bettszene und auch niemanden, der während einer Unterhaltung auf dem Klo saß (kommt in Schweden in jedem Filmchen vor das etwas auf sich hält).

War mal ne nette Abwechslung.

Eine Zusammenfassung des Films findet sich hier.
Das Bild kommt von hier.

4 Kommentare:

  1. Schön! Ich habe dann anschließend noch den Schluss des folgenden Films "Der Förster vom Silberwald" (1954) gesehen, wo der Priester den erlegten Hirsch gesegnet hat und den Menschen erklärt hat, dass sie für den Erhalt der Natur verantwortlich sind - also das grüne Parteiprogramm - nur ideologiefrei. Und heute glaubt ganz Deutschland, dass die Grünen dem Umweltschutz erfunden haben. Ich bin dann immer wieder fassungslos, wie die das geschafft haben, das ganze Volk umzudrehen. Einerseits ideologische Naturvergötterung, andererseits totale Unmoral.

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    1. Förster vom Silberwald? Dann weiß ich wenigstens was ich mir als nächstes mal ansehen muß.

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  2. Die Grünen haben doch tatsächlich den Umweltschutz erfunden. Die Grünen – sie haben ihre Farbe von den Jägern und Förstern gewählt, im Ernst. Der Wikipädieartikel zur Geschichte der Grünen ist recht interessant (obgleich man ihm die ideologischen Kämpfe ansieht). Daraus:

    »Im Prozess der Herausbildung einer ökologisch orientierten Wahlalternative traf sich das linke Spektrum mit bürgerlichen und konservativen Kräften, die sich in Naturschutzorganisationen und seit Ende der 1960er Jahre verstärkt in lokalen Bürgerinitiativen artikulierten. Große traditionelle Umweltorganisationen waren z.B. der Deutsche Bund für Vogelschutz (gegründet 1899, heute NABU), der Deutsche Heimatbund als Dachverband der Heimatvereine (1904), die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (1947), der Weltbund zum Schutz des Lebens (in Deutschland seit 1960) sowie die ursprünglich sozialistisch, später sozialdemokratisch geprägten Naturfreunde (1895). ... Als Dachverband der großen Naturschutzorganisationen existierte seit 1950 der Deutsche Naturschutzring und für die Bürgerinitiativen im Umweltschutzbereich seit 1972 der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Viele der konservativen Umweltschützer waren christlich geprägt, um die Bewahrung der Schöpfung besorgt und hatten die christliche Soziallehre verinnerlicht.«

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  3. Was die Grünen betrifft: Ich hab gerade wieder den Heiligen Hubertus entdeckt. Die Jäger, die von den Grünen diskriminiert werden weil sie Tiere töten - wobei die offenbar nicht wissen, daß der größte Teil der Arbeit eines Jägers Hege und Pflege ist - haben schon seit ewig den Heiligen Hubertus als ihren Schutzpatron. Dem hat Jesus Christus selbst beigebracht, daß man Tiere nicht willkürlich morden soll.

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